Kleine Einführung
ins aktuelle
Weltgeschehen
Wisse was IST,
dann weisst du,
was zu TUN ist
(jhr)
Kleine Einführung ins aktuelle Weltgeschehen
NACHDENK-SUITEN
Impulse 2016
Impulse 2015
Die 'WARUM'-Frage
Was uns so selten beantwortet wird
MAHNWACHE(N)
für den Frieden und die Freiheit - global
Fortsetzung Paradigmawechsel
Sei dabei - OCCUPY
Einleitung
Paradigmawechsel
Impulse 2014
DELPHINE & WALE
brauchen unsere Hilfe
DIE NEUEN KINDER
...
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Impulse 2013
ANGST und ihre TRANSFORMATION
ESM-Vertrag -
Europa auf dem Weg in eine
Diktatur?
Impulse
2012
Ein Neubeginn
GRUND-EINKOMMEN
Bedingungsloses Grundeink. für ALLE
IMPFEN
Wem hilft's denn tatsächlich?
GRIPPE 09
-
sogenannte Schweine-Grippe
MMS
Miracle
Mineral
Supplement.
Ein "neues Antibiotikum?"
°
BORAX
CODEX ALIMENTARIUM
- (Anti-)Lebens-mittelcodex
CHEMTRAILS, HAARP, MINDCONTROL
die täglichen Manipulationen
OIL-KATASTROPHE
USA
im Golf von Mexiko
BIOMETRISCHER PASS
(CH)
Chip-Kontrolle unisono
ATOM-KATASTROPHE JAPAN
& GLOBAL die 'neuen'
Altlasten
UFO-DISCLOSURE
was uns kosmisch
vorenthalten wird
Fazit im schon fast 'legendären 2012'
eigene
Astrologieartikel
erschienen in der Zeitschrift Astrolog
1981-2003
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° Leben ohne Technik
Ohne Schnickschnack - in einer kleinen Hütte
Die Frau die einfach nur lebt !
Darf man in einem Holzhaus wohnen, das kleiner ist als Nachbars Garage? Darf
man so wenig arbeiten, wie man möchte? In einem oberschwäbischen Dorf
praktiziert eine Frau ihre ganz persönliche Sozialreform.
Wenn Anne Donath abends Licht braucht, greift sie in eine Schublade. Dort liegen
die Streichhölzer für die Kerzen. Wenn sie im Sommer etwas kochen möchte, geht
sie vor die Tür. Dort ist die Feuerstelle, drei große Steine, auf denen der Topf
steht. Wenn sie in ihrem Haus vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer will und von dort
in die Küche, muss sie sich bloß einmal drehen. Es gibt nur ein Zimmer.
Das Haus der Anne Donath ist aus Holz und eher eine Hütte, vier Schritte lang,
vier Schritte breit. Es hat zwar moderne Dachziegel, wie sie der Bebauungsplan
für diese Gegend vorsieht, doch so zu wohnen ist im Lebensplan der Menschen
nicht vorgesehen. Die Menschen hier leben in Massivbauhäusern und fahren
Mercedes. Sie haben große Gärten und mähen samstags den Rasen, sie haben
Vermögen und schauen abends im Fernsehen Wer wird Millionär?. Anne Donaths Leben
aber ist geprägt vom Nichthaben. Kein Strom. Kein Telefon. Kein Gas. Und erst
recht kein Auto. So lebt Anne Donath. Mitten in einer Einfamilienhaussiedlung.
Mitten in einem oberschwäbischen Dorf. Und auf einmal auch mitten in einer
gesellschaftlichen Debatte, die vor allem von einem Wort geprägt ist: Verzicht.
Jahrzehntelang haben die Politiker in Deutschland den Menschen versichert, dass
ihr Leben auch im Alter geordnet verlaufen werde, dass ihre Rente sicher sei.
Nun erfahren diese Menschen, dass sie besser privat fürs Alter Vorsorgen. Nur
wie? Mit Aktien haben viele viel Geld verloren. Die Lebensversicherungen zahlen
weniger aus, als sie versprochen haben. Wie ein Bausparvertrag funktioniert, hat
sowieso noch nie jemand durchschaut. Nur jeder Achte, heißt es in einer
aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung, hat sich schon einmal Gedanken
gemacht, wie viel Geld er im Ruhestand eigentlich braucht.
Anne Donath hat nachgedacht. Sie hat überlegt, was sie zum Leben braucht und wie
viel sie das kostet. Vor zehn Jahren nahm sie einen Kredit auf und kaufte sich
dafür ein Grundstück, sie setzte ihr Blockhaus drauf und zahlte peu ä peu den
Kredit zurück. Heute lebt sie von 370 Euro im Monat, dafür geht sie arbeiten.
"Ich habe", sagt die 54-Jährige, "meine Lebensumstände vereinfacht."
Vereinfachte Lebensumstände sind es zum Beispiel, wenn Anne Donath im Urlaub
nach Griechenland will, aber nicht das Flugzeug, nicht die Bahn nimmt - sondern
mit dem Fahrrad fährt. Vereinfachte Lebensumstände sind es auch, wenn dieses
Fahrrad kein Mountainbike ist, kein Ultraleichtmodell mit 36 Gängen, mit dem man
die Alpen in Richtung Süden überquert. Anne Donath ist vergangenes Jahr mit dem
Fahrrad gefahren, das sie sonst auch benutzt: ein altes, kleines BMX-Rad, ohne
Gangschaltung; nur einen neuen Sattel hat sie sich gegönnt. Bergauf musste sie
schieben.
Konsumverzicht
So eine liegt uns auf der Tasche, sagen ein paar Leute im Ort.
Es ist ein extremes Bild, das diese Frau den Menschen bietet, wie bei einem
Zerrspiegel, in den man hineinschaut und nichts Vertrautes sieht, nur
Sonderbares. Und wenn etwas sonderbar ist, schreckt es die meisten Menschen erst
einmal ab. So eine liegt uns auf der Tasche, wenn das alle machen würden, wäre
unsere Wirtschaft bald am Ende, sagen die einen im Ort. Es ist gut, dass sie
wenigstens arbeitet, sagen die anderen, dort kann sie ab und zu duschen, und ein
warmes Essen bekommt sie auch. Bad Schussenried, auf halber Strecke zwischen
Biberach und Bodensee.
"Barock, Bier und Betonmischer", sagt der Bürgermeister,
so lasse sich seine Stadt ganz gut beschreiben. 8500 Einwohner, ein altes
Kloster mit spätbarockem Bibliothekssaal, eine Brauerei mit Biermuseum, draußen
vor der Stadt baut die Firma Liebherr mit 500 Beschäftigten Betonmischer für die
Welt. Im Büro des Bürgermeisters hängt das historische Stadtwappen, daneben
leidet Jesus am Kreuz. Georg Beetz trägt Rollkragenpulli statt Krawatte und eine
rahmenlose Brille, Modell Jürgen Schrempp. Er ist so etwas wie der Moderator im
Strukturwandel, den jede Kleinstadt durchmachen muss. "Manche hier haben Angst
vor den Veränderungen", sagt er. An der Hauptstraße von Bad Schussenried
entdeckt man noch immer die Informationstafeln der Vereine, der Liederkranz 1859
e. V. lädt zur Jahreshauptversammlung in den Wilden Mann. Am Stadtrand zieht
Aldi einen großen Supermarkt hoch, das Hotel am anderen Ende von Bad
Schussenried heißt Amerika. Am Anfang haben Anne Donath wohl alle für verrückt
gehalten. Im Ortsteil Steinhausen wollte sie bauen. Der Ortschaftsrat
verweigerte die Baugenehmigung. Dann gab das Kreisbauamt die Freigabe. ...
Nur die Bank sagte nichts und gab Anne Donath Geld. Viel hat das Haus damals ja
auch nicht gekostet: 85000 Mark, inklusive Keller, Kamin und Bullerofen, dazu
noch 50000 Mark für das Grundstück und die Erschließungskosten. So etwas
finanziert jede Bank, wenn man die Grundschuld eintragen lässt, eine
Lebensversicherung aufnimmt und ein solider Arbeitgeber das Gehalt garantiert.
Heute ist das kleine Blockhaus so etwas wie die Touristenattraktion von
Steinhausen: Wenn im Gasthof Linde an der Hauptstraße eine Familienfeier
stattfindet, nutzen die Menschen die Zeit zwischen Mittagessen und Kuchen und
gehen "mal gucken, wo die Frau lebt". Es sind nur ein paar Querstraßen zu Fuß.
Anne Donath arbeitet als Krankenschwester im Zentrum für Psychiatrie von Bad
Schussenried. Es ist, sagen die Leute dort, ein guter Arbeitgeber, der für seine
Angestellten sorgt. Laut Vertrag arbeitet Anne Donath einen Tag pro Woche. De
facto sieht das so aus: Im Sommer arbeitet sie als Urlaubsvertretung mehrere
Wochen am Stück, dafür hat sie den Rest des Jahres frei. Macht einen Bruttolohn
von monatlich 470 Euro - steuerfrei. Abgezogen werden ihr nur die Beiträge für
die Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung; das sind knapp 100 Euro.
Gerade mal 33 Euro fallen jeden Monat an festen Kosten an: für die
Gebäudeversicherung und die Grundsteuer, die Haftpflichtversicherung und den
Kaminfeger, die Müllabfuhr und das Wasser, dazu für Holz, Schmierseife und
Kerzen - und für die GEZ. Anne Donath besitzt ein batteriebetriebenes Radio.
Hinter dem Haus baut sie Gemüse an, Lauch, Zwiebeln, Tomaten und ein paar
Kartoffeln, was der Garten eben so hergibt. Sie isst häufig Kartoffeln, am
liebsten mit Zwiebeln, und weil der eigene Vorrat nicht reicht, muss sie nach
einem langen Winter bei einer Freundin nachkaufen. Wenn Anne Donath das
Abendessen vorbereitet, sitzt sie mit angezogenen Beinen auf dem Boden ihrer
Hütte, barfuß, so wie sie meist auch herumläuft, man sieht das, ihre Füße sind
rau und haben Schwielen. Das Haus ist sparsam möbliert: Neben der Tür der
Bullerofen, auf dem jetzt Wasser kocht; daneben ein Korb voll Holz und altem
Papier als Brennmaterial; zwei Regale mit Büchern, ein kleiner Schrank für die
Lebensmittel und ihre Kleidung; eine Leine, an der sie im Winter die Wäsche
trocknet; ein heller, flauschiger Teppich, auf dem sie tagsüber sitzt und liest
und nachts schläft oder liest, wenn sie nicht schlafen kann.
Holzhaus mit Keller
Links vom Eingang geht es zum Bad: Hinter einem 3 Vorhang ist eine Ecke der
Hütte gefliest, an der Wand ein Wasserhahn, davor steht ein Eimer - "Das ist das
Waschbecken", sagt Anne Donath, "man kann sich auch mit drei Litern Wasser
gründlich waschen, ohne Dusche". Es gibt einen Spiegel und eine Toilette. Anne
Donath spült mit Regenwasser, das sie draußen in einer Zisterne sammelt. Sie hat
Kartoffeln gekocht, dazu gibt es Brot und eingelegten Knoblauch. So ein Essen
könnte vielleicht auch die Nachbarin servieren - nur hätte die es bestimmt nicht
auf dem Boden zubereitet, barfuß, und die Kartoffelschalen in einer kleinen
Pappschachtel gesammelt. Nur der Kartoffelschäler könnte der gleiche sein. Den
hat Anne Donath aus dem Supermarkt. Im Grunde lebt sie so, wie es viele Deutsche
für ein paar Wochen im Jahr versuchen: einfach, ohne technischen Schnickschnack,
in einer kleinen Hütte, die am besten in den Bergen steht oder am Meer. Wer das
nicht sucht, hält es zumindest für vollkommen normal, dass die Menschen in Asien
oder Afrika so leben. Aber in Oberschwaben?
Soziale Gegensätze können eine Gesellschaft zerreißen. Deshalb reden
Sozialpolitiker so viel über das "Existenzminimum" oder die "Hilfe zum
Lebensunterhalt". Deshalb horchen die Menschen auf, wenn von "neuer Armut" die
Rede ist oder davon, dass Arbeitslose weniger Geld bekommen sollen. 6948 Euro im
Jahr beträgt das steuerfreie Existenzminimum in Deutschland; Anne Donaths
Einkommen liegt darunter. Offiziell gilt man hierzulande als arm, wenn das
Einkommen niedriger ist als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens der
Gesamtbevölkerung. Laut Statistik lag das durchschnittliche Nettoeinkommen
zuletzt bei 1440 Euro. Also ist Anne Donath arm. Arm dran kann sie nicht sein.
Sie hat sich ja bewusst entschieden, so zu leben. Sie könnte zum Beispiel länger
arbeiten, um mehr zu verdienen, in der Klinik hat man ihr das immer wieder
angeboten. Dann könnte sie sich auch ein Auto kaufen. Oder wenigstens ein
besseres Fahrrad. Oder eine große Wohnung mieten, damit sie nicht in einem Haus
leben muss, das kleiner ist als die Garage der Nachbarn. Sie will das nicht. Sie
will nicht mehr arbeiten, um dann mehr zu haben. Anne Donath ist genau den
umgekehrten Weg gegangen: Sie arbeitet so viel, wie für sie existenziell
notwendig ist; mehr nicht. Das Existenzminimum ist für sie keine Barriere,
hinter der das Glück beginnt. So ist sie zu dem Leben gekommen, das sie nun
lebt. Eigentlich hat sie sich schon vor 50 Jahren auf den Weg gemacht.
"Müßiggang ist schöpferisch", sagt sie - und hat sogar Zeit zum Wollespinnen.
Malente, Schleswig-Holstein, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Geld ist in
Deutschland knapp, insbesondere für jene, die viele Kinder ernähren müssen. Anne
Donath hat zwei Brüder. Sie lebt mit ihren Eltern bei der Großmutter, in einem
alten Haus. Viel Platz hat die Familie nicht: zwei Zimmer unter dem Dach. Als
ein weiteres Kind kommt, ziehen alle in eine größere Wohnung, mit Badewanne und
Eisschrank. Manchmal weiß die Mutter nicht, wie sie das Essen bezahlen soll. Als
noch ein Kind kommt, wohnen sie in einer noch größeren Wohnung und haben noch
weniger Geld. So etwas prägt. Heute sagt Anne Donath über sich, dass sie "einen
extremen Hang zur Sicherheit in finanziellen Dingen" habe. Dass sie mit hohen
Schulden nicht leben könne. Und dass es für sie immer klar war, "nach einem
soliden Besitzstand zu streben" - einem eigenen Haus. Als sie heiratet, zieht
sie mit ihrem Mann nach Süddeutschland. Regelmäßig fahren sie im Urlaub nach
Algerien, im VW Bus oder Geländewagen. Ihre drei Töchter nehmen sie mit. Im
Norden Afrikas sieht Anne Donath. dass man zum Waschen keine Waschmaschine
braucht. Dass man auch über einer Feuerstelle kochen kann. Und dass die
Beduinen, obwohl sie so viel von Hand machen, immer noch Zeit für ein Gespräch
haben. Nach ihrer Scheidung zieht sie mit den Kindern nach Bad Schussenried in
eine Mietswohnung. Hochhaus, siebter Stock, bei Föhn kann man die Alpen sehen.
Das Fernweh kommt wieder. Als die Töchter erwachsen sind und ausziehen, kauft
sich Anne Donath einen neuen Jeep und fährt los. Kein Strom, kein Gas, kein
Telefon - dafür viel Zeit und Muße
Sechs Wochen verbringt sie 1992 in Mertoutek, einer kleinen algerischen Oase,
dann weiß sie, wie sie künftig leben will. Als der Wäschetrockner kaputtgeht,
kauft sie keinen neuen. Irgendwann macht die Spülmaschine ihren letzten
Waschgang. Anne Donath rechnet. 400 Euro soll sie später als Rente bekommen,
mehr nicht, sie hat wegen der Kinder einige Jahre nicht gearbeitet. Aber 400
Euro sind zu wenig, um die Miete zu zahlen und so zu leben wie bisher. Anne
Donath rechnet weiter. Was kostet mich das günstigste Haus, vielleicht ein
Blockhaus? Wie teuer wäre ein Kredit? Weil sie zwar Abitur hat, aber die Formel
für den Zinseszins nicht kennt, schreibt sie lange Zahlenkolonnen aufs Papier.
Nur jeder Vierte, heißt es in der Berteismann Studie, hat sich schon einmal
ausrechnen lassen, wie viel Rente ihm später zusteht. An Heiligabend 1993 zieht
Anne Donath in ihr eigenes Haus. Wenn sie die Tür aufschließt und in die Hütte
kommt, tastet ihre rechte Hand in den ersten Wochen immer noch nach dem
Lichtschalter. Heute kann sie sich kaum vorstellen, noch einmal anders zu leben.
Ihre Kinder haben das längst akzeptiert - vielleicht, weil sich gewisse
Charakterzüge eben doch vererben. Ihre älteste Tochter wird im Sommer ihren Job
aufgeben, um "eine Weile" Schafe zu hüten, wie Anne Donath sagt. Natürlich
versucht jeder im Ort, diese seltsame Frau in eine Schublade zu stecken - und
wird widerlegt.
Die Umweltbewegten sind enttäuscht, weil Anne Donaths Haus einen
Betonkeller hat und keinen Lehmboden. Die Vegetarier sind enttäuscht, weil sie
bei Freunden Wurst isst. Die Autohasser sind enttäuscht, weil Anne Donath sich
von der Freundin mit dem Auto nach Biberach zum Einkaufen mitnehmen lässt. Die
Konsumverweigerer sind enttäuscht, weil sie sich ab und zu richtig teure Sachen
kauft, Wanderstiefel etwa, für 215 Euro. Die Streitlustigen sind enttäuscht,
weil Anne Donath zu ihren Nachbarn ein recht gutes Verhältnis hat; manchmal
kommt die Frau von nebenan und bringt Kuchen. Eigentlich sind alle enttäuscht,
weil Anne Donath weder gramgebeugt durchs Leben geht noch die viele Zeit, die
sie hat, für große Taten nutzen will. Sondern einfach nur lebt.
Aus vier Tagen Geldverdienen sind bei Anne Donath vier Tage Zeithaben geworden.
"Müßiggang ist schöpferisch", sagt sie. "Lieber sinniere ich fünf Stunden in der
Hängematte und arbeite dann eine Stunde, als dass ich fünf Stunden den Buckel
krumm mache und dann eine Stunde grüble, ob das wirklich nötig gewesen wäre."
Oder sie entdeckt, wofür sie jetzt alles Zeit hat. Zum Wollespinnen etwa. Anne
Donath macht sich ihre Pullover selbst - nicht, weil sie mit selbst gemachten
Pullovern die Textilindustrie boykottieren will. Sondern weil sie irgendwann
entdeckt hat, dass der Bauer im Dorf ganz froh ist, einen Abnehmer für die Wolle
seiner Schafe zu haben, die er sonst teuer entsorgen müsste. Weil sie einfach
probiert hat, wie es ist, wenn man Naturwolle wäscht und kämmt und dann mit
einem Holstöckchen spinnt. Zwei Monate braucht sie für einen Pullover. Im Laden
würde ein Kleidungsstück aus handgekämmter Schurwolle ein Vermögen kosten. Anne
Donath kann es sich leisten. Es kostet sie nur Zeit. Und wenn nun in Bad
Schussenried noch jemand auf die Idee kommt, so zu leben, noch ein solches Haus
zu bauen?
Der Bürgermeister zögert. Vor zehn Jahren war Georg Beetz noch nicht im Amt,
aber er hätte, sagt er, nichts gegen Donaths Hütte einzuwenden gehabt. Heute
sitzt Beetz in einem Büro, so groß wie das kleine Holzhaus in Steinhausen. Vom
Schreibtisch aus blickt er auf eine historische Stadtkarte. "Kommt darauf an, wo
dieses Haus hin soll. Direkt im Ortskern, zum Beispiel an der Hauptstraße, geht
es natürlich nicht. Es kann eben nicht jeder immer das tun, wozu er gerade Lust
hat. Nur so funktioniert eine Gesellschaft.
Von Marc Brost - (Quelle: "Die Zeit", 18/2003) Anne Donath - Leben ohne Technik
INITIATIVE Information - Natur - Gesellschaft
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