mfG – oder
wieviele Freundlichkeiten wollen wir uns in Zukunft noch gönnen?
Unsere beschleunigte Zeitqualität hat es wirklich in
sich. Eben, weil bald niemand mehr für irgendetwas Zeit hat.
Und das äussert sich unter anderem auch darin, dass wir
in unserer Sprachkultur immer mehr zu Abkürzungen (
www.chatcharts.de ) greifen, wie z.B. a) „mfG, b) „lol“,
c) „gfg“,
d) „bdb?!“: oder
dann das erlösende e) „tgif", damit uns etwas
mehr Zeit bleibt für ... Ja, wofür eigentlich?
Da gewisse Seelen hier ein
äusserst kreative Gebahren an den Tag legen, also ihre ureigenen
Abkürzungen benützen, wo sie sich gerade mal auf ihrem Wege kreuzen,
kommen wir da nicht drum herum, die gewonnen Zeitmodule durch
nachzufragen einzusetzen, was denn damit gemeint sein könnte. Was
letztlich ein explizites Nullsummenspiel in der Zeitbuchhaltung ergibt.
a) „mfG“:
mit freundlichen Grüssen
b) „lol“:
laughing out loud - laut
herauslachen
c) „gfg“:
ganz freches Grinsen
d) „bdb?!“: bist du bescheuert?!
e) dann das erlösende „tgif":
thanks god
its Friday - Gott sei Dank, ist Freitag (was uns wiederum jede Menge
über unsere Beruf-ung verraten mag)
Wie freundlich die Leserschaft dabei empfinden mag, wenn
die Freundlichkeit am Ende eines Briefes das gerade noch mit drei
Buchstaben ausdrückt, dabei eher Be-Dürftigkeit anmeldet, ist nochmals
etwas ganz anderes.
Zum Verschnauf einer möglichen Entschleunigung, mal ein
paar spontane Gedanken-Beispiele:
°
Entschleunigung für Fortgeschrittene
°
10 Tipps sein Leben zu entschleunigen
°
Entschleunigung-im-Management
°
www.fritz-reheis.de
Nicht zu vergessen der alte, weise Seins-Ansatz im „Hier&Jetzt“, wie das
in unseren Tagen auch Eckhart Tolle erfrischend klar zum Ausdruck
brachte:
www.eckharttolle.de, unserer
Urkraft wieder (Stille) habhaft zu werden.
Gewisse SüdländerInnen sind gar dabei, solche
„Zeiteinsparungen“ zu perfektionieren, indem sie beim abnehmen der
Telefonhörers meistens ein „ja“ in die Membrane trällern. Wo wir dann,
noch immer höflich nachfragen dürfen, wer denn nun gnädigst uns Red- und
Antwort stehen möchte, da ich mein Anliegen dann diesmal vielleicht doch
eher Herrn Papadopolus, als Herrn Giovannoli resp. Signora Felicitas
herantragen möchte (für einmal mag hier der Verdacht nach Rassimus
- übrigens, auch immer mal eine mögliche Art des Zeitauffressens -
dankend in den Ausstand treten). Und können dann aber recht böse werden,
wenn sie aufgefordert werden, sich aus dem akustischen Versteck raus zu
kriechen um sich zu erkennen geben. Jedenfalls sind damit schon mal die
ersten fünf Lebensminuten abgearbeitet.
Den Gipfel der Perfektion, wie vor langem mal gelesen hatte, war der
Konzern AT&T, der „seinen“ Telefonistinnen verboten hatte, den KundInnen
guten Tag zu sagen. Hier allerdings aus eher wirtschaftlichen Gründen,
da ein ganz findiges Köpfchen ausgerechnet hatte, dass diese
2,46781423393147413472331281 Sekunden eine jährliche Ersparnis von ...
Wie das in unserem Universum des Ausgleichs nun mal so
als Arbeitselement eingesetzt wird, "darf" ich dann z.B. im (Inter-)Netz
alle meine persönlichen Daten preisgeben, um etwa an einem Wettbewerb
teilnehmen zu können. Wie das aber auch immer mehr im „richtigen Leben“
z.B. an den Kassen des Detailhandels schon epidemieartig praktiziert
wird: „haben Sie eine Hyper-Giga-Mega-Dingsbums-Karte“, „sammeln Sie
Marken“, „brauchen Sie eine Versicherung“ (welche mich ja 'ganz sicher'
bereits meiner natürlichen Sicherheiten der Selbstverantwortung berauben
wird), „eine Autobahnvignette“, „die neueste Zahnpasta sensitiv-weiss“,
(je dunkler der Aufenthaltsraum) oder „dürfen wir Ihnen die absolut
aktuellste Treueprämie vorstellen?“.
Von diesem Prozedere werden wir ja erst mit der wohlverdienten
Warenquittung entlassen, wenn wir den ganzen Fragebogen getreulich
beantwortet haben und – eine solche Warenquittung auch ausdrücklich und
vorzugsweise - möglichst sehr laut – einfordern, auch mit dem Risiko,
dass der Ladendetektiv nicht so schnell zu seiner (überdrüssigen)
Medallie finden wird.
Meine diesbezüglich jüngsten Aktionen, die bis jetzt zum
Glück keine Abnützungserscheinung aufdecken, ist die sprichwörtliche
Irritation, dass ich "kein Besitzer einer Sklavenkarte bin", "keine
neue, rosarote Unterhosen benötige" und "die Zeitung von gestern schon
gelesen habe" (was, mindestens Letzteres – ich geb's gleich mal zu:
nicht immer der Wahrheit entspricht – "gls" = ganz-leise-schäm
(bis dato noch nicht im Abkürzungs-Katalog auffindbar, Stand 18.12.2013).
Dieser „Umstand“ kann helfen, hin und wieder mächtig Zeit
einzusparen! Ja gut, nicht immer, und nicht immer gleich schnell, wird
das Personal doch auch immer besser rhetorisch abgerichtet, was bei mir
dafür immer mal wieder echtes Mitgefühl für das Personal auslösen kann
und ich beim nächsten mal vielleicht wieder 'irgendwie' erkannt und – in
Ruhe gelassen werde.
Falls in dieser Leserschaft immer noch ausnahmslos
treuherzige Seelen auftauchen sollte, welche glauben, in solchen
Konzernarealen einen Gewinn zu erwirtschaften, sei hiermit erlösend
mitgeteilt, dass: NEIN. Es ist nüchtern und auf nackten, ökonomischen
Tatsachen basierend, Adressmaterial sammelnd, die höchste Kunst des
Einschmeichelns praktizierend. Da die Werbebudgets auch immer mehr dem
Schrumpfungsprozess unterliegen, sei hier sogar nachgedoppelt, dass
immer mehr gemoppelt und die Gewinnschancen gleich mit dazu
geschrumpfelt. Wer denn sonst, als die Kunden, sollten das denn auch
alles berappen…?
Ein kleiner Lichtblick der neuzeitlichen
Sprachregulierungsanwandlungen sei hiermit noch erwähnt, als ich
kürzlich von einer offiziellen Stelle die Anrede „guten Tag“ lesen
durfte, was nun nicht mehr ganz so abwegig, wie "sehr geehrter" in
Erscheinung tritt, da zwar beide Formen der Tücke der Tageslaune
entsprechen können, jedoch die Ehre in diesen Tagen doch eher etwas
unglaubwürdiger, als dann vielleicht doch einen „guten Tag“ erheischen
zu können. Summte doch in früheren Zeitabschnitten bei der frohlockenden
'Ehre' ein unhörbares Summen nach der Anrede: "skmm" = Sie können
mich mal (auch noch nicht in der Abkürzungsbibliothek auffindbar).
Wie das nun mal in der Natur der Sache offeriert, dürfen
wir in einer polaren Welt wählen, ob wir uns lieber dem Zeitdruck
verhaspeln oder eher der Zeit-Entschleunigung widmen wollen. Zugegeben
stellen sich da manchmal gar borstige Störfriede in den Weg und der
kollektive Gruppendruck zeigt sich wahrlich nicht immer von der
sonnigsten Seite. In der Wahlfreiheit vom schwarz und weiss begegnen uns
auf der Offerten-Schiene ja glücklicherweise auch ein paar Farben
unterwegs, so dass wir uns nicht nur immer nur für die extremsten
Möglichkeiten entscheiden müssen.
Etwas mehr verwirrend, da zugegeben noch etwas ungewohnt,
wenn auch viel zeitklarer deutet dann die Verabschiedung mit „bis
neulich“ an, da ich damit ausdrücken kann, dass ich auf Vergangenes
(Geschriebenes) gerne zurückgreifen, resp. Beantwortet haben möchte. Da
hier oft nix kommt, da Zeit kostbar, ist wieder ein etwas anderes, noch
ungeschriebenes Kapitel.
Auch mit einem optimal-durchdachten
Zeitentschleunigungskonzept werde ich nicht umhin kommen, regelmässig
Prioritäten zu setzen, was mit der Erinnerung meiner bekannten
Gaumenfreuden (auch geistige) einher geht. Das wäre dann die Variante: "vEiEoP"
= viel Erfolg im Erkennen optimaler Prioritäten (bevor uns das Leben ein
paar der berüchtigten „Zwangsprioritäten“ verordnet). Damit sitzen wir
ja bereits in den vordersten Rängen.
Dem Momentum entsprechend also dann: "fWn" !
Achso ja, das meinte dann „fröhliche Weihnachten“. DAS Fest der Liebe
guthin (ganz im Gegensatz zu schlechthin).
Ob das dann auch wirklich immer so fröhlich zugeht, wie wir uns das
gegenseitig im Kältemonat Dezember unzählige Male zugestehen – wollen,
äh, sollen?
Finden wir doch gerade in diesen wenigen Tagen etwas Zeit
– nach dem „Geschenke“-Auspacken notabene, um über alle die
Begebenheiten auszutauschen, wo uns unter dem Jahr eben soo wenig Zeit
verbleibt und – nicht selten genug in einem verbalen Gewitter der
(hoffentlich) klärenden Auseinandersetzungen in den „geheiligten
Frieden“ münden.
Bis neulich !