Kleine Einführung
ins aktuelle
Weltgeschehen
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was zu TUN ist
(jhr)
Kleine Einführung ins aktuelle Weltgeschehen
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ATOM-KATASTROPHE JAPAN
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UFO-DISCLOSURE
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Fazit im schon fast 'legendären 2012'
eigene
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erschienen in der Zeitschrift Astrolog
1981-2003
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° Bauern in der Schweiz und der globale Freihandel
«Grosspapa, was haben die Bauern gegen den Freihandel?»
Nicole: Grosspapa, der Bauer auf dem Erlenhof denkt ans Aufhören. Der
Freihandelsvertrag mit der EU bedrohe seine Existenz.
Grosspapa: Ja – Bundesrätin Leuthard vom Volkswirtschaftsdepartement hat
vor kurzem angekündigt, dass sie mit der EU im Agrarbereich einen
Freihandelsvertrag abschliessen wolle. Die Verhandlungen werden in Kürze
beginnen.
Was ist daran so schlimm? Freihandel tönt doch gut. Jeder produziert das, was er
am besten kann, und verkauft es dann an andere weiter. Diese machen es genauso,
und alle profitieren. – Was ist daran so falsch?
Falsch ist es nicht – aber es funktioniert nicht immer. Gerade unser Land hat
viel Erfahrung mit dem Freihandel. Wir Schweizer waren Pioniere und sind heute
quasi Experten, die etwas darüber erzählen können. Das will ich gerne tun: Ihr
habt in der Geschichte die Alte Eidgenossenschaft durchgenommen. Unsere
Vorfahren haben vor mehr als 700 Jahren einen genossenschaftlichen Bund
geschlossen für ein Leben in Freiheit – ohne Feudalherren. Sie haben die Adligen
davongejagt und ihre Unabhängigkeit von fremden Mächten in vielen blutigen
Schlachten erkämpft. Sie wurden dadurch in Europa zu einer bedeutenden und
gefürchteten Militärmacht, die auch begonnen hatte, Gebiete zu erobern.
Im Jahr 1515 jedoch haben die Eidgenossen in der Schlacht bei Marignano in
Italien gegen den französischen König Franz I. zum ersten Mal eine furchtbare
Niederlage erlitten. Das war eine politische Weichenstellung. Zum Glück. Seit
1515 hat die Schweiz nach aussen nie mehr Krieg geführt – bis heute. Franz I.
war allerdings sehr klug: Er hütete sich, die unterlegenen Eidgenossen im
Friedensvertrag zu demütigen. Im Gegenteil: Er bot ihnen einen
Freihandelsvertrag an. Es war eine Einladung, freundschaftlich mit Frankreich
Handel zu betreiben. Die Landesgrenzen sollten kein Hindernis sein. Die damalige
Schweiz nahm die Einladung an – und hat seither über die Landesgrenze hinweg nur
noch Handel und nie mehr Krieg geführt – bis heute. Der Freihandelsvertrag mit
Frankreich beinhaltete allerdings auch, dass die Schweiz den französischen
Königen Soldaten gegen Entgelt zur Verfügung stellte. Mit anderen Worten, man
hat Söldner exportiert. Auch das gehörte damals zum Freihandel. Sogar der Papst
hat sich damals eine Schweizergarde zugelegt. Sie leistet ihren Dienst noch
heute.
Wie lange hat das funktioniert – mit Frankreich?
Fast 300 Jahre. In dieser Zeit haben sich bereits in Ansätzen bedeutende
Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel die Uhrenindustrie, entwickelt, für die die
Schweiz noch heute berühmt ist. Schon damals wurden Uhren exportiert.
Was geschah mit der Landwirtschaft?
Der Freihandelsvertrag mit Frankreich hat das Gesicht der Schweiz verändert.
Nicht nur in den Städten, sondern auch in den ländlichen Regionen. Das
landwirtschaftliche Erbrecht bestimmte an vielen Orten, dass der Hof ungeteilt
an den ältesten oder den jüngsten Sohn übergeben werden musste. Seine
Geschwister mussten sich eine andere Tätigkeit suchen. Aus dem Volk der Bauern
und Hirten wurde so mehr und mehr ein Volk geschickter und initiativer
Handwerker, Facharbeiter und Fabrikanten – Unternehmer eben, die Rohstoffe
importierten und Handelswaren für den Export herstellten. Wenn du mit dem Velo
durch die Schweiz fährst, kannst du an vielen Orten noch alte Fabrikgebäude aus
jener Zeit antreffen. Bereits vor der Französischen Revolution war die Schweiz,
ein Land ohne Zugang zum Meer und ohne Rohstoffe, das industrialisierteste Land
auf dem europäischen Kontinent. So wirkt es heute komisch, wenn man die Bauern
auffordert, sie sollten Unternehmer werden. Sie sind es schon seit Urzeiten.
Spannend – wie ging es weiter?
Auch im 19. Jahrhundert waren die schweizerischen Unternehmer Pioniere des
Freihandels. Ein französischer Professor schrieb damals, dass kein Land der Erde
im Verhältnis zu seiner Grösse so ausgedehnte Handelsbeziehungen unterhalten hat
wie die Schweiz. Die Glarner zum Beispiel verkauften ihre Textilien bis nach
Afrika und China. Heute ist es umgekehrt: Wir tragen Kleider, die aus China
kommen. Auch für landwirtschaftliche Produkte gab es damals keinerlei
Grenzschutz – bis etwas Einschneidendes passierte: 1881 wurde der Gotthardtunnel
eröffnet und grosse Mengen billigen russischen und amerikanischen Getreides
gelangten über den Mittelmeerhafen Genua in die Schweiz. Viele Getreidebauern
konnten nicht mehr kostendeckend produzieren und stellten auf Milch- und
Fleischproduktion um. Das ging sehr schnell. Die Schweiz wurde «grün», das
heisst viel Ackerland wurde zu Wiesen umfunktioniert. Damit wurde die Schweiz in
der Nahrungsmittelversorgung abhängig vom Ausland. Das wirkte sich vor allem im
Ersten Weltkrieg und in den Jahren danach sehr negativ aus, weil die Importe
keineswegs immer gesichert waren. In diesen Jahren begann sich die Bevölkerung
in der Schweiz Gedanken zu machen über Fragen wie «Was für eine Landwirtschaft
wollen wir?», Wie stark wollen wir in der Nahrungsmittelversorgung vom Ausland
abhängig sein?, «Wie können wir unsere Bauern stützen und auch schützen?» Diese
Fragen sind der Ursprung der Landwirtschaftspolitik, wie wir sie auch heute noch
kennen. Im Zweiten Weltkrieg hat sich diese Politik als sehr segensreich
erwiesen, ohne die Bauern und vor allem auch ohne die Landwirtschaftspolitik
hätten unsere Gross- und Urgrosseltern gehungert. Wenn du möchtest, werde ich
dir gerne einmal mehr erzählen.
Gerne. Das habe ich nicht gewusst.
Du siehst, Nicole, der Freihandel hat zweifellos seine Vorteile. Die
wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz ist dafür Beweis. Der Freihandel ist
aber kein Naturgesetz, dem man zwangsläufig nachleben muss oder dem man gar
ausgeliefert ist – wie dem Wetter zum Beispiel. Wir können uns überlegen, was
für eine Landwirtschaft wir wollen, wie sehr wir in der Nahrungsmittelversorgung
vom Ausland abhängig sein wollen und wie wir das alles am besten regeln wollen.
Das ist geschehen schon vor 100 Jahren, das geschieht heute und das wird auch in
Zukunft geschehen. Der Staat hat die Aufgabe, die Bauern zu unterstützen, zu
schützen und für die Lebensmittelversorgung zu sorgen – so wie wir es wollen.
Auch als Konsumenten können wir einiges tun, um die Bauern zu unterstützen.
Wieso kommt man heute auf die Idee, im Bereich der Landwirtschaft Freihandel zu
betreiben, obwohl sich so etwas gar nicht bewährt hat?
Diese Frage hängt zusammen mit internationalen Abkommen und mit Politikern, die
bei diesen Abkommen mitgewirkt haben. Es fallen mir in diesem Zusammenhang die
Namen von zwei Politikern ein. Es sind die Bundesräte Hans Schaffner (FDP) und
Josef Deiss (CVP).
Hans Schaffner war einer der Väter des Wirtschaftswunders in den Jahrzehnten
nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war zuständig für den Freihandel. Man würde ihn
heute als «Mister Freihandel» bezeichnen. Er war massgeblich beteiligt an der
Gründung der Freihandelszone EFTA und an der Vorbereitung des grossen
Freihandelsvertrages mit der EG von 1971, der noch heute von grosser Bedeutung
ist. Schaffner hat die Verhandlungen geführt, die 1966 zum Beitritt der Schweiz
zum GATT geführt haben. Diese multinationale Organisation hatte sich das Ziel
gesetzt, weltweit Handelshemmnisse und Zölle schrittweise abzubauen. Hans
Schaffner führte alle diese Verhandlungen so, dass sie der Landwirtschaft nicht
schadeten und der Schweiz die Möglichkeit liessen, eine eigene
Landwirtschaftspolitik zu betreiben. «Nicht ohne die Bauern», war seine Devise.
Er hat seine Verhandlungspartner überzeugt und seine Ziele sowohl bei der EFTA,
dem GATT als auch bei der Europäischen Gemeinschaft erreicht. Erstaunlich war
sein Erfolg beim GATT: Es gelang Schaffner, einen Vorbehalt zugunsten der Bauern
durchzusetzen. Der Schweiz hat diese Politik nicht geschadet – im Gegenteil. Sie
hat vor allem das Gefühl gestärkt, dass wir zusammen gehören und alle – mit den
Bauern – im gleichen Boot sitzen.
Haben wir heute keine Politiker mehr wie Hans Schaffner, die sich für unsere
Landwirtschaft und für unsere Landesversorgung einsetzen?
Seit 1995 haben wir die WTO. Sie will praktisch alle Handelshindernisse und
Zölle abschaffen, und sie will neu auch landwirtschaftliche Produkte in den
Freihandel einbeziehen. Damit dreht sie das Rad der Zeit wieder zurück.
Warum hat man das gemacht?
Die Landwirtschaft hat sich verändert. An manchen Orten der Welt finden wir fast
keine Bauernhöfe mehr. Es wird industriell produziert und gehandelt – wie das
eine Fabrik macht. Es ist zu einem Geschäft geworden. Die landwirtschaftlichen
Produkte werden an den Börsen gehandelt. Es wird damit spekuliert wie mit
Wertpapieren und Geld.
Was bedeutet das für die Schweiz?
Die Einstellung zur Landwirtschaft hat sich verändert. Der bedeutendste
Wirtschaftsverband der Schweiz, die économiesuisse zum Beispiel, vertritt heute
den Standpunkt, die Interessen der Landwirtschaft sollen bei der WTO nur noch
soweit verteidigt werden, als dabei die Anliegen der übrigen Wirtschaft nicht
tangiert werden.
Was heisst das? Schaden die Bauern der Wirtschaft?
économiesuisse denkt so: Falls wir unsere Grenzen für landwirtschaftliche
Produkte – zum Beispiel für Gemüse oder Getreide – ganz öffnen, so kann im
Gegenzug unsere Exportwirtschaft ihre Produkte auf ausländischen Märkten noch
besser verkaufen, oder die UBS kann zum Beispiel in Peking noch leichter eine
neue Filiale eröffnen.
Komisch – was haben unsere Bauern mit einer Filiale der UBS in Peking zu tun?
Das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen. Man darf nicht Äpfel und
Birnen zusammenzählen, sagt unser Lehrer immer. Und die UBS soll zuerst einmal
ihr eigenes Haus in Ordnung bringen, bevor sie neue Filialen eröffnet. Was würde
Hans Schaffner dazu sagen?
Du hast recht. – Wirklich komisch, dass unsere Politiker auf Kosten der Bauern
globale Grossunternehmen unterstützen sollen, die bereits einen guten Zugang zu
den Märkten haben und jedes Jahr viele Milliarden verdienen. Seit 2001 werden in
der WTO Gespräche geführt in der sogenannten Doha-Runde. Man will auch im
Bereich der Landwirtschaft ein grosses Freihandelsabkommen abschliessen –
praktisch für die ganze Welt. Das Abkommen soll dann auch für unsere
Exportwirtschaft Vorteile bringen. Die Gespräche sind bis heute jedoch erfolglos
verlaufen. Die im Dezember 2007 geplante Ministerkonferenz wurde abgesagt.
Warum?
Das Konzept funktioniert nicht. Die Gründe sind einfach: Jedes Land hat eine
eigene Landwirtschaft und seine eigene Landwirtschaftspolitik, die so
unterschiedlich und verschiedenartig ist wie die Länder selber. Die
Landwirtschaft ist nicht vergleichbar, und man kann sie auch nicht aufrechnen
mit irgend etwas anderem. Gleichschaltung macht hier überhaupt keinen Sinn. Das
hat man beim GATT gewusst und deshalb die landwirtschaftlichen Produkte als
«sensible Güter» bezeichnet und sie nicht zusammen mit Industriegütern und
Dienstleistungen in den Freihandel einbezogen. – Bundesrat Hans Schaffner hat
mitgeholfen, dass sich diese Auffassung beim GATT allmählich durchgesetzt hat.
Dieser Fortschritt ist leider heute wieder verlorengegangen. Vielleicht auch
deshalb, weil wir heute keinen Hans Schaffner mehr im Bundesrat haben.
Du hast vorhin Bundesrat Josef Deiss erwähnt. Was für eine Rolle hat er
gespielt?
Bundesrat Deiss hat für die Schweiz die Verhandlungen in der Doha-Runde geführt
– bis zu seinem Rückritt im Jahr 2006. Er hat das neue Konzept der WTO
unterstützt, das die Landwirtschaft in den Freihandel einbezieht. Er stellte
sich damit in Gegensatz zu Bundesrat Hans Schaffner, der dies im GATT konsequent
bekämpft hatte. Die Landwirtschaft müsse umgebaut werden, sagte Josef Deiss den
Schweizer Bauern. Sie müssten sich auf offene Grenzen einstellen. Er wurde nicht
müde, den bevorstehenden Erfolg der Doha-Runde über Jahre hinweg immer wieder
anzukündigen. Das Abkommen werde in Kürze unterschrieben, sagte er am Fernsehen
immer wieder.
Was ist dann passiert?
Unter diesem Druck wurde die Landwirtschaft in der Schweiz viele Jahre lang
umgebaut. Wer nicht in die neue Politik hineinpasste, gab auf. Etwa ein Drittel
der Bauern hat bisher aufgegeben. Der Selbstversorgungsgrad ist auf unter 55
Prozent gesunken. Er ist damit etwa gleich hoch wie vor dem Ersten Weltkrieg.
Der Verhandlungsführer der Schweiz bei der WTO, Botschafter Luzius Wasescha, hat
einmal deutlich gesagt, wohin die Reise gehen könnte: die Zahl der Bauern könnte
von heute 60 000 auf 25 000 absinken. Vor 15 Jahren waren es noch 100 000.
Heute stellt sich die Frage, ob unser Bundesrat sich von einem Phantom leiten
lässt. Bauen wir unsere Landwirtschaft um – wegen eines Freihandelsabkommens,
das es so gar nicht gibt und das es sehr wahrscheinlich gar nie geben wird?
Werden unsere Kinder uns das einmal verzeihen?
Ist ein Phantom so etwas wie Nessie in Schottland?
Ja, genau das ist es. Nur ist Nessie etwas Lustiges und schadet niemandem. Im
Gegenteil, es nützt dem Tourismus. Das WTO-Abkommen, das angeblich bevorsteht
und niemals kommt, ist etwas Trauriges und schadet unsern Bauern und unserm
Land.
In einem zweiten Punkt unterscheidet sich Josef Deiss von Hans Schaffner.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als die WTO gegründet wurde, hat sich unsere
Regierung das strategische Ziel gesetzt, die Schweiz in die EU zu führen.
Bundesrat Deiss war davon überzeugt und hat diese Politik vorangetrieben. Für
Hans Schaffner war das nicht in Frage gekommen. Für ihn waren Selbstbestimmung
und Eigenständigkeit wichtig. Ganz anders dagegen Josef Deiss: noch in seiner
Abschiedsrede betonte er, der Beitritt zur EU sei unausweichlich. Ihm war klar,
dass dieses Ziel nicht zu erreichen war, ohne die Schweizer Landwirtschaft mit
derjenigen der EU gleichzuschalten. Er lancierte kurz vor seinem Rücktritt die
Idee, einen Freihandelsvertrag mit der EU abzuschliessen.
Hans Schaffner dagegen hatte ein Gespür, wo Freihandel am Platz ist und wo
nicht. Er war in meinen Augen der bessere «Freihändler».
Wie ist es heute?
Die Nachfolgerin von Josef Deiss, Bundesrätin Doris Leuthard, führt dessen
Politik weiter. Auch sie sagt heute, ein WTO-Abkommen stehe bevor. Sie will in
der Doha-Runde auf einen Abschluss drängen und die Importzölle für
Landwirtschaftsprodukte um bis zu 70 Prozent senken. Die Bauern müssten sich auf
offene Grenzen einstellen – sagt auch sie. Auch sie sieht im Freihandel mit der
EU ungeahnte Vorteile.
Ja, Doris Leuthard sagt, die Schweiz sei eine Hochpreisinsel, und wir müssten
für Nahrungsmittel viel zu viel bezahlen.
Das ist so nicht richtig. Die Schweiz ist nicht nur eine «Hochpreisinsel»,
sondern auch eine «Hochlohninsel». Im Verhältnis zum Einkommen bezahlen wir für
Nahrungsmittel weniger als die Bevölkerung in der EU. Medien putschen die
Preisunterschiede auf, so dass die Konsumenten meinen, ihnen gehe es schlecht.
Medien behaupten auch, Freihandel weltweit mit landwirtschaftlichen Produkten
sei modern und zukunftsgerichtet.
Wahrscheinlich weil viele Journalisten in die EU wollen. In Wirklichkeit ist
diese Politik veraltet, weil sie sich als untauglich erwiesen hat. Beobachter
der EU und der WTO, die hier nicht so fixiert sind wie Deiss und Leuthard, sagen
dies schon längst. Ein Beispiel: In den letzten Wochen ist der Weltmarktpreis
für Reis explodiert, weil dieses Grundnahrungsmittel immer knapper wird.
Überhaupt werden Nahrungsmittel knapper. Die Vorräte sind so gering wie seit
Jahren nicht mehr. Das hat verschiedene Gründe, die wir ein andermal besprechen
werden. In verschiedenen Ländern sind bereits Hungerrevolten ausgebrochen. In
Japan ist es anders. Politiker dort haben ihre Reisbauern geschützt und
unterstützt. Diese erhalten einen festen Preis, mit dem sie leben können und in
der Lage sind, das Land zu versorgen. Bei uns war das auch einmal so. Heute ist
der Selbstversorgungsgrad massiv gesunken. Wir beziehen fast die Hälfte der
Nahrungsmittel aus dem Ausland.
Warum sind denn die landwirtschaftlichen Produkte im Ausland billiger?
Das Regelwerk der WTO und der EU haben die industrielle Landwirtschaft sehr
gefördert. Es werden zum Beispiel hunderttausend Tiere in einer Fabrik gemästet.
Sie können sich kaum bewegen und werden geschlachtet, ohne dass sie jemals
Tageslicht gesehen haben. Oder in Südspanien werden ganze Landstriche für das
Gemüse mit Plastikplanen umhüllt und zugedeckt. Bootsflüchtlinge aus Afrika
arbeiten hier für 5 Euro am Tag und ohne Sozialversicherungen. Das mit viel
Chemie produzierte Gemüse landet dann in den Regalen von Migros und Coop. – Da
können unsere Gemüsebauern im Thurgau oder im Berner Seeland nicht mithalten,
die unsere Löhne bezahlen und strenge Vorschriften einhalten müssen. Wenn der
Freihandelsvertrag mit der EU kommt und der Import von Gemüse nicht mehr
beschränkt ist, werden die Gemüsefelder bei uns wohl zu Golfplätzen
umfunktioniert, oder es werden auf ihnen riesige Fabriken gebaut, wie dies in
Galmiz fast geschehen ist. – Das kann nicht sein.
Das ist schlimm.
Die industrielle Landwirtschaft kann wohl billiger produzieren, aber die
Schäden, die im Bereich der Gesundheit, der Ressourcen, der Natur und auch für
das Leben in ländlichen Regionen entstehen, sind immens. Gleichzeitig wird mit
Nahrungsmitteln spekuliert. Hedge-Fonds wetten auf steigende Preise. Sie kaufen
sogar Farmen – nicht um damit zu arbeiten, sondern um sie in Kürze teurer
weiterzuverkaufen. Andere Spekulanten lassen sich vom Börsenfieber anstecken und
treiben damit die Preise weiter hoch. Aktien der Agro-Multis werden zu
Höchstkursen gehandelt usw. – So darf es nicht weitergehen. Auch die
Schnapsidee, aus Nahrungsmitteln Benzin herzustellen, gehört in dieses Kapitel.
Darüber werden wir ein anderes Mal reden.
Was können wir tun?
Der Landwirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland, Horst Seehofer, hat
die Situation in diesen Tagen auf den Punkt gebracht: Eine Renaissance der
bäuerlichen Landwirtschaft stehe an, verkündete er am Fernsehen. Diese sei um so
dringender, weil die Nahrungsmittel immer knapper werden und es gefährlich
werden kann, hierbei vom Ausland abhängig zu sein.
Was sagt unsere Bundesrätin Leuthard dazu?
Sie führt die Politik von Josef Deiss – mit WTO, EU, Freihandel und Umbau der
Landwirtschaft – unbeirrt weiter. Man hat den Eindruck, dass sie sich noch
weniger für die Bauern engagiert als Josef Deiss. Zu diesem Schluss kommt auch
der Präsident des Bauernverbandes. Deiss habe sich bei den Verhandlungen mehr
eingesetzt, meinte er in diesen Tagen.
Dann ist Doris Leuthard auf dem Holzweg. Wenn unsere Regierung die Zeichen der
Zeit nicht sehen will, müssen wir etwas tun. Packen wir es an.
Jede Weltreise beginnt mit dem ersten Schritt (Laotse)
Juni 2008, Dr. rer. publ. W. Wüthrich und Nicole
Anmerkung von aliasinfo:
Im Prinzip JA, aber - Die Frage möge hier erlaubt sein, wieso die Mehrheit der
Bauern (ausgenommen Grossbauern mit industriellen Betrieben) für Ihre Produkte
so unverschämt wenig z.B. von den Grossabnehmern an Entgeltung bekommen - wenn
wir denn schon so ein Hochlohnland sind! Und die endlich nach Jahren der
Konzern-Maxigewinne ausgerichtete 'Mikroteuerung', was der Realität natürlich
überhaupt nicht entspricht (ausgefeilter Statitikerhochseilakt :-), durch die
wirklich Teuerung noch nicht einmal gedeckt war - das Endlosspielchen eben, das
SO niemals aufgehen kann.
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