Viele wissen, daß ich quasi als Schreiber für die Meister, welche die Entwicklung der Menschheit zu dieser Zeit überblicken können, gebeten wurde, eine Art Leitfaden zu erarbeiten und anzubieten. Er ist als Unterstützung bei den Veränderungen auf dem Planeten gedacht und soll all die Probleme ansprechen, mit denen wir uns am Ende des einen und am Beginn des nächsten Jahrtausends konfrontieren müssen. Alle Regierungen sollen diesen Leitfaden erhalten und für alle anstehende Herausforderungen bietet er praktikable Lösungen an. Wir hoffen, daß er Anfang 2000 veröffentlicht werden kann.

Die nationale Regierung ist heute die vorherrschende Form politischer Organisation. Dennoch existiert unterhalb dieser nationalen Ebene eine außerordentliche Fülle politischer Formen. Diese niedrigeren Ebenen politischer Strukturen sind das Fundament, auf dem nationale politische Systeme errichtet werden.

In der Frühzeit war die menschliche Gesellschaft nach den Abstammungslinien ausgerichtet. Die Stammesgemeinschaft ist in vielen Teilen der Welt immer noch ein wesentlicher Bestandteil politischen Einflusses und Aufbaues.

Auch in fortschrittlichen politischen Systemen kann man noch die Spuren der Sippschaft entdecken. In afrikanischen Staaten ist dies noch besonders ausgeprägt. In seiner ursprünglichen Bedeutung ist die Sippe eine Gemeinschaft, die auf Blutsverwandtschaft gründet. Die territoriale Grundlage ist üblicherweise nicht exakt umrissen. Die Führung des Stammes wird traditionell von einer Gruppe erwachsener Männer übernommen, den Stammeshäuptlingen, Schamanen oder den Medizinmännern. Diese Gruppen, die aus einzelnen Individuen bestehen, hüten und setzen die mündliche Überlieferung von Recht und Ordnung fort. Das Gesetz wird folglich nicht beschlossen, sondern erinnert. Natürlich erfährt das erinnerte Gesetz recht häufig eine leichte Abänderung, wenn es angewendet wird.

Das Dorf bildet traditionell den Gegensatz zur Stadt. Die Dorfbewohner sind an die Zyklen des landwirtschaftlichen Lebens gebunden, während die Stadtbewohner dem Handel und Gewerbe nachgehen. Das Dorf ist persönlich und vertraut, die Stadt hat eine hohe Bevölkerungszahl. Die dörfliche Kultur ist einfach und baut auf Traditionen, während die Stadt das Zentrum der Künste und Wissenschaften bildet. Im Dorf werden politische Entscheidungen auf einer viel ausgeprägteren Basis der Übereinstimmung getroffen als in der Stadt, wo eine beherrschende Führung die Norm darstellt.
 

Städte entstanden zunächst als komplexe soziale und politische Gemeinschaften an den Ufern der großen Flüsse, wie Euphrat, Tigris, Nil und Yang Tse. In diesen frühen Städten wurde die Blutsverwandtschaft als Basis der Gesellschaft von der Definition der persönlichen Stellung durch Klasse und Besitz ersetzt. Der primitive Medizinmann wurde abgelöst von den Tempelpriestern, die fortschrittliche religiöse Einrichtungen leiteten und arbeiteten, um soziale Kontrolle zu bewirken. Der Tauschhandel wurde von einem effektiveren Mittel des Austausches verdrängt und der Reichtum, der durch den Handel entstand, wurde Gegenstand der Besteuerung und auch ein Instrument der Macht in den Händen des jeweiligen Besitzers. Klassenunterteilungen entstanden und besondere Stände entwickelten sich - z.B. die militärische Klasse.
 

Viele politische Systeme haben eine, den örtlichen und nationalen Gemeinschaften zwischengeschaltete, Ebene. Dies war normalerweise eine Folge der Geschichte. Örtliche Regierungen verwalten selbst ihre wirtschaftlichen und politischen Verbände und in vielen speziellen Systemen ist die nationale Regierung ein Zusammenschluß regionaler Regierungen. Es ist schwierig, politische Veränderungen zu untersuchen, denn sie vollziehen sich im politischen System auf verschiedene Weise. Es gibt dennoch einige besondere Arten der Veränderung.

• Zunächst ist der radikale Umsturz zu erwähnen. Hierbei wird vollständig die Struktur der Regierung verändert und er führt gewöhnlich gleichzeitig zu einer wesentlichen Veränderung der sozialen Ordnung, da die treibende Kraft hinter dem radikalen Umsturz normalerweise moralischer Art ist, verbunden mit dem Wunsch, den Wert der Gemeinschaft zu steigern. In moderner Zeit fanden vier große Revolutionen statt – die englische Revolution des 17. Jahrhunderts, die amerikanische, französische und die russische Revolution. Diese Bewegungen hatten eine ungeheuer tiefgreifende Auswirkung auf das soziale und politische Leben. Die Konsequenzen waren über die Gesellschaften hinaus, in denen sie sich ereigneten, zu spüren und fanden Eingang in viele andere politische Systeme.

• Die zweite Art ist der strukturelle Umsturz. In diesem Fall werden die Strukturen des politischen Systems Veränderungen unterzogen. Dies bewirkt keine grundlegende Umwandlung seiner Natur, aber er kann doch beträchtliche Verschiebungen in der Politik bewirken.

• Die dritte Art der politischen Veränderung ist der Führungswechsel. Die Erkenntnis, daß ein Wechsel in der Zusammensetzung der Regierung ein wirksamer Weg sein kann, die Politik der Regierung zu verändern, bewirkt viele Arten politischer Aktionen, angefangen bei Neuwahlen bis hin zu politisch motiviertem Mord.

Weiterhin gibt es den Wechsel der politischen Orientierung. Hier kann die praktizierte Politik der Regierung einen Richtungswechsel erfahren z.B. hatte Franklin D. Roosevelt’s neue Politik zur Folge, daß weitreichende Abänderungen bzgl. der Aufgaben des politischen Systems vorgenommen wurden, so daß die Rolle der Regierung in der Wirtschaft außerordentlich erweitert wurde. Was die Struktur der Regierung, unter Berücksichtigung zeitgenössischer Formen betrifft, so haben heute nur sehr wenige Staaten Rechtsordnungen, die älter als ein Jahrhundert sind. Die große Mehrheit unserer Staaten hat Verfassungen, die im 20. Jahrhundert geschrieben wurden. Großbritannien und die Vereinigten Staaten sind die Ausnahmen unter den heute bestehenden Nationen, da sie über Rechtsordnungen verfügen, die bereits vor dem 20. Jahrhundert geschaffen wurden. Wie auch immer, eine moderne rechtsstaatliche Regierung verändert sich fortlaufend, da sie einer sich ständig verändernden Welt gegenübersteht.

Die Monarchie ist eine alte Ordnungsform, die heute nur dort erfolgreich überlebt, wo ein König zwar wenig wirkliche Macht hat, aber symbolische und zeremonielle Pflichten erfüllt. Während königliche Herrschaft, legitimiert durch die Abstammung, aus der modernen Welt beinahe verschwunden ist, wurde sie durch die Diktatur ersetzt. Hitler, Stalin, Franco, Mao, Tito, Sukarno – alle erscheinen in einem sehr kurzen Zeitraum unserer Geschichte. Die Diktatur war speziell in den afrikanischen Staaten weit verbreitet, nachdem die Aufhebung der Kolonialherrschaft ein labiles Vakuum hinterließ. Gegenwärtig ist die Regierungsstruktur, die am meisten angestrebt wird, eine demokratische Rechtsordnung. Die zwei vorrangigen Arten einer verfassungsmäßigen Demokratie in der modernen Welt werden durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien repräsentiert. Die USA stellen ein Beispiel für das Präsidialsystem einer verfassungsmäßigen Demokratie dar. England ist ein klassisches Beispiel des parlamentären Systems der verfassungsmäßigen Regierung. Das Präsidialsystem der USA basiert auf dem Grundsatz der Gewaltenteilung zwischen der Exekutive, der Gesetzgebung und der Rechtsprechung. Ähnlich trennt das britische parlamentäre System diese drei Bereiche der Regierung.

Der Nationalstaat ist derzeit das führende Modell eines politischen Systems und die Verstaatlichungspolitik kontrolliert die Loyalität des Volkes gegenüber dem Staat. Die bedeutenden Kräfte der Weltpolitik, des Krieges, der Entwicklung der nationalen Wirtschaft und der Forderung nach Einrichtungen zur sozialen Versorgung, haben den Nationalstaat gestärkt. Dabei spielten Kriege eine große Rolle, nationale Regierungen zu stärken und politischen Lokalpatriotismus zu schwächen.

Zu einer verfassungsmäßigen Demokratie gehören die drei Elemente Gesetzgebung, Exekutive und Rechtsprechung. Die vorrangige Aufgabe der Gesetzgebung ist es, Gesetze zu erlassen. Zu den Verantwortlichkeiten gehören auch das Eintreiben und Verteilen der Steuern. Die Exekutive besteht aus Beamten der Regierung, die an den Beschlüssen und der Ausrichtung der Regierungspolitik teilhaben. Dazu gehören die Staatsoberhäupter und die Vorsitzenden der Regierung, aber auch Kabinettsmitglieder und Minister, die Behördenvorstände usw. Einfach ausgedrückt kontrolliert der Führende einer Demokratie die Auswahl der ausführenden Organe. Während die Gesetzgebung Gesetze begründet, legt die Rechtsprechung sie aus und wendet sie an. Sie befaßt sich mit Personen, die mit der Gesellschaft durch Übertretung ihrer Regeln in Konflikt geraten sind und die Rechtsprechung setzt formelle Verfahren ein, um solche Angelegenheiten zu bereinigen. Solche festbegründeten Gerichtssysteme existieren in allen fortschrittlichen politischen Systemen. Gewöhnlich gibt es zwei gerichtliche Hierarchien, die eine beschäftigt sich mit staatlichen Angelegenheiten, die andere mit dem Strafrecht.

Heute hat die Demokratie drei grundlegende Formen. Eine ist eine Form der Regierung, in der das Recht, politische Entscheidungen zu fällen, direkt von allen Bürgern gemeinsam durch Mehrheitsbeschluß ausgeübt wird. In der zweiten üben die Bürger das gleiche Recht aus, allerdings nicht direkt und persönlich, sondern durch von ihnen gewählte Vertreter. Die dritte Form ist eine stellvertretende Demokratie in der die Macht der Mehrheit ausgeübt wird, um allen Bürgern die Wahrung ihrer individuellen Rechte zu gewährleisten.

Demokratie nahm ihren Anfang in bestimmten Stadtstaaten des alten Griechenland, wo sich alle Bürger zu einer Art gesetzgebender Körperschaft zusammenschlossen. Dies war möglich, da die Bevölkerung eines Stadtstaates selten mehr als 10.000 Menschen betrug und Frauen sowie Sklaven keine politischen Rechte hatten. Es war eine kurze Episode, die wirklich wenig direkten Einfluß auf die Entwicklung moderner demokratischer Wege hatte, 2.000 Jahre sind seither vergangen. Die amerikanische und französische Revolution bewirkte die Entstehung des Gedankens von Grundrechten und politischer Gleichheit. Die beiden Zeugnisse dieser Periode und ihre Folge sind in dieser Hinsicht die Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahr 1776 und die französische Erklärung der Rechte der Menschen und Bürger von 1789.

Faschismus ist eine weitere neuere politische Entwicklung, die, was eine tatsächliche Herrschaft betrifft, kam und auch wieder ging. Der Faschismus beherrschte zwischen 1919 und 1944 das politische Leben in Zentral- und Südeuropa. Alle faschistischen Bewegungen betonten die Zugehörigkeit zu Nation oder Rasse als Dreh- und Angelpunkt und Motor der Weltgeschichte. Das Wort "Faschismus" selbst wurde zuerst von Mussolini 1919 in Italien benutzt. Das italienische Wort entstand aus dem lateinischen ‘fasces’, was ein Bündel Reisig bedeutet, mit einer Axt dazwischen. Dies symbolisiert die Macht vieler, die sich zusammengeschlossen und sich einem Willen und der Autorität des Staates untergeordnet haben.

Eine weitere politische Struktur ist der sogenannte Sozialismus. Sozialismus ist ein Wort uralter Herkunft, das ursprünglich ein Sozialsystem bedeutete, in dem aller Besitz der Gemeinschaft gehörte und in der alle Bürger den gemeinschaftlichen Wohlstand, gemäß ihren Bedürfnissen teilten. Zur einen oder anderen Zeit existierten viele kleine kommunistische Gemeinschaften, viele von ihnen basierten auf religiösen Grundsätzen. 1848 erhielt das Wort ‘Kommunismus‘ eine neue Bedeutung, als es von Karl Marx und Friedrich Engels im ‘Kommunistischen Manifest‘ als angewandter Sozialismus benutzt wurde.

Der Kommunismus blühte in Rußland, aber heute hat er ausgedient und ist am Ende dieses zweiten Jahrtausends praktisch nicht mehr vorhanden; im Gegensatz zu einer Version des freien Marktes, die in China praktiziert wird.

Sozialismus basiert auf Grundsätzen und politischen Tendenzen, die auch praktisch angewendet werden. Er ist eine Sammlung von Werten, die Sozialisten in der gesellschaftlichen Organisation verankert sehen möchten.

Sozialismus wurde in moderner Zeit von den verschiedenen Schriftstellern bekanntgemacht, die während der wirtschaftlichen Umwälzungen die gesellschaftlichen Zustände kritisierten. Sie kritisierten, was sie für Unrecht und Ungleichheit hielten, was ihrer Ansicht nach auf die kapitalistische Produktionsmethode und den uneingeschränkten freien Markt zurückgeführt werden konnte. Viele der Absichten und Ziele des Sozialismus wurden dem modernen Wohlfahrtsstaat eingegliedert.

www.elraanis.de. Übersetzung: Sabine Schmid