Alarmierende Burn-out-Zahlen: Das Pflegepersonal brennt aus

Pflegefachkräfte leiden schon lange unter zu hohem Druck – und nichts passiert. Nun bündeln die Verbände ihre Kräfte zum Protest.

ei Schichtbeginn hat das Zittern angefangen und nicht mehr aufgehört», erzählt eine Pflegefachfrau aus dem Raum Zürich. Sie war auf einer Akutstation zwei Wochen lang allein verantwortlich für 24 Patienten. Sie hat die Reissleine gezogen und die Stelle gewechselt.

Eine Pflegende aus der Region Thun erzählt: «Mir ist auf dem Parkplatz vor dem Heim speiübel geworden. Mehrmals. Aber ich habe es unterdrückt und bin arbeiten gegangen. Zusammengebrochen bin ich erst, als ich meine Kündigung eingereicht habe. Ein klassisches Burn-out.»

Der Beobachter hat nach Pflegefachkräften gesucht, die unter der psychischen Belastung ihres Arbeitsalltags leiden. Die Rückmeldungen kamen schnell und zahlreich. Vom Genfer- bis zum Bodensee, von Pflegeheimen bis hin zu psychiatrischen Einrichtungen. Alle klingen gleich. Zu viele Patienten, zu wenig Zeit. Und der Druck macht krank:

  • «Ich mache nur noch Handgriffe, das ist keine Pflege. Am Abend falle ich ausgelaugt ins Bett.»
  • «Es gibt Dinge in unserem Alltag, die lassen einen nicht mehr los. Ich bin ins Loch gefallen und war zwei Monate lang krankgeschrieben. Eine Depression.»
  • «Ich fiel wegen Angstzuständen aus. Angst vor Fehlern und Angst vor einer Pflege, die gefährlich ist.»
  •  «Ich habe keine Zeit, meine Patienten richtig zu waschen. In der Nacht schlafe ich nicht und überlege, ob ich aus dem Beruf aussteigen soll.»

 

° Kommentar einer betroffenen Pflegefachfrau:
Ich bin eine freiberufliche Pflegefachfrau im Raum Flawil-St.Gallen und habe bis vor 2 Wochen in einem Alters- und Pflegezentrum zwischen Gossau und St.Gallen ausgeholfen.

Geplant waren 3 Monate, 5 Wochen sind es schlussendlich gewesen. Es herrrschen unhaltbare Zustände für das Pflegepersonal, sowie auch für die Bewohner. Auf Grund der Einsparung und damit Überforderung vom Pflegepersonal passieren schwere Pflegefehler wie Überdosierung von Morphinpräparaten sodass es fast zu einem Atemstillstand bei einer Bewohnerin gekommen ist. Die Bewohner sind schlichtweg bei der Pflegedienstleitung und auch bei Geschäftsleitung absolut egal. Aus Zeitgründen ist es unmöglich die Bewohner menschenwürdig und fachlich professionell zu pflegen, bzw. zu betreuen. Dies habe ich mehrmals der Pflegedienstleitung und auch der Geschäftleitung gemeldet. Keine Änderung, keine Reaktion. Laut Pflegedienstleitung müsste ich “nur” durchschwimmen”, die Geschäftsführung möchte davon nichts wissen und schickt mich zur Pflegedienstleitung.

Ob die Bewohner korrekt gepflegt, korrekt medizinisch versorgt und/oder in die Einlagen urinieren und stuhlen müssen anstatt zum WC begleitet werden spielt für Pflegedienstleitung/Geschäftsleitung keine Rolle. Das Pflegepersonal ist komplett auf sich alleine gestellt. Der unglaubliche psychische Druck der daraus resultiert ist unglaublich und kaum zu ertragen. Es geht um betagte Menschen, die sich selbst nicht helfen können und ich muss sie menschenunwürdig behandeln und fachlich unkorrekt. Ich habe keine andere Wahl … Wenn ich fix angestellt bin und das melde bekomme ich automatisch die Kündigung. Ich weiss aber auch, dass es in einem anderen Heim gleich abläuft …

Also was mache ich? Ich als Freiberufliche habe gekündigt. Ich appeliere an die Angehörigen, dass Sie bitte ihren Eltern, Verwandten zur Seite stehen und sich bei der Pflegedienstleitung und bei der Geschäftsführung beschweren. Bitte nehmen Sie alle Instanzen. Das Pflegepersonal muss nur den Druck von oben ertragen und irgendwie funktionieren. Es muss sich unbedingt für die Bewohner und auch für das Pflegepersonal etwas ändern.

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