DAS Raubtier im Umstandskleid oder die schleichend, zunehmend digitale Nötigung im erweiterten Alltag?
DAS Raubtier im Umstandskleid oder die schleichend, zunehmend digitale Nötigung im erweiterten Alltag?
Mit einer Mini-Rente kann man sich, in diesen Tagen, bekanntlich kein normales Restaurant mehr leisten, wenn man sich mal den Luxus gönnen möchte, sich auswärts eine Mahlzeit zu erlauben. Also befand ich mich mal wieder in einem Migros-Restaurant in der Schweiz. An diesem Tag war meine Leibesspeise leider nicht in den Bedienungstöpfen aufzufinden. Also fragte ich den Koch, ob sie denn auch einen Wochen-Menue-Plan ausgehängt hätten, da ich diesen nirgends auffinden könne. So begleitete er mich zum Ausgang des Lokals, wo er mich an der Wand auf einen kleinen, scheuen QR-Code aufmerksam machte. Ich dachte eigentlich eher an einen Menueplan, den auch ein jeder Interessierte mit den eigenen Augen noch zu lesen vermag. Nun, das könne ich schon, aber da müsste ich im Internet die entsprechende Seite der Migros-Restaurationsbetriebe aufrufen. Das hatte ich natürlich schon vorher gemacht, als ich noch Zuhause war, aber auf dieser Seite sprang mir diesbezüglich nur gähnende leere entgegen.
Als ich bei meinem nächsten Besuch einen anderen Koch dazu ansprach, verriet er mir, dass ich dazu eine ganz spezielle! Adresse im Internet eingeben müsste, die er mir dann freundlicherweise angab, mit dem dringenden Hinweis, dass ich da aber zuerst meine E-Mail-Adresse angeben müsste, dafür bekäme ich dann regelmässig den Wochen-Menue-Plan ganz automatisch in mein digitales Postfach zugeliefert. Luxus pur.
An dieser Stelle sei vielleicht explizit angemerkt, dass ich nicht die Goldbarren im internen Migros-Safe erkunden wollte und noch nicht mal den Menueplan eines gut abgeschotteten Elite-Restaurants, wo das geschändete Fussvolk vielleicht noch neidisch werden könnte.
Inzwischen sind, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotze, jede Menge an Studien ersichtlich, welche belegen, dass die ständige Handybestrahlung nicht eben das Vorteilhafteste für unsere Gesundheit sein soll, obwohl ausgerechnet in der Coronazeit jede Menge Handymasten neu in die Landschaft gezaubert wurden, da die Menschen ja Zuhause eingesperrt, davon nichts wussten und die Einsprachen in der Schweiz ja schon achtsam-bedrohlich geworden sind. Dies nicht gerade zur Freude der Konzerne und Politiker, Letztere diese Konzessionen ja zu lukrativen Preisen verhökert hatten.
foto: yes
Kürzlich bekam ich, zufällig vom gleichen Betrieb ausgestellt, eine «Happy-Birthday»-Karte geschenkt (hat die Belegschaft den Deutsch-Unterricht geschwänzt?), wo ich auf der Rückseite arg klein aufgedruckt, erfahren durfte, dass der Geschenks-Betrag – wie kann es auch anders sein – im Internet auf der entsprechenden Seite enttarnt werden könne, also machte ich mich auf die Suche. Ohne zu wissen, wieviel Geld ich denn verpulvern darf, bin ich ja meinem Einkaufsenthusiasmus grundsätzlich in der Nebelzone ausgeliefert und begegne dann an der Kasse dem vielleicht grösseren Bezahlschock. Fast vergessen, dass meine Rente ja in den letzten 20 Jahren !!, um sagenhafte 40.- erhöht hatte. Noch nicht mal die offizielle Teuerung kann sich hier wieder erkennen, welche schon von ihrem konstruierten Naturell her, eine sprichwörtliche Lachnummer ist. Das ist jetzt kein Scherz im Nebensatz, in der reichen, armen Schweiz, für alle die unbedingt auf die Altersbank hierher ziehen wollen, aber natürlich dürfen.
Also tippte ich die Nummer auf der Geschenk-Karte ein und werde zusätzlich aufgefordert eine PIN-Nummer einzugeben. Der kleine Hinweis bei diesem Eingabefeld verriet mir, wo ich diese PIN-Nummer entdecken kann. Das wäre doch ein Spass für Robins-Crusoe gewesen, falls er denn tatsächlich gelebt hat. Nochmals auf die Karte geschaut, steht tatsächlich «PIN» drauf, aber das Errata-Feld darunter ist mit einem s-w-Muster verdeckt. Früher konnte man bei einem Wettbewerb so ein Geheimnisfeld noch freirubeln, aber das hier ist eine Plastikkarte und, richtig geraten, man braucht vermutlich wieder ein Handy…
Wenn ich nun in eine Migros-Flliale fahren will, um dieses Zahlengeheimnis auf der inzwischen eher eine NERV-Karte geworden ist, mündlich lüften möchte, muss ich beim Parkplatz, bald an den meisten Orten (2023), meine Autonummer! eintippen, um da überhaupt parkieren zu dürfen, oder ich werde bei einer Garageneinfahrt schon mal locker-flockig gefilmt, wie wenn das alles schon ein Menschenrecht der Konzerne wäre…
Nun ist es ja so, dass die Datensammelkrankheit auch auf meinem Handy irgendwie wieder befriedigt werden kann, wenn man weiss wie man die Fallstricke auslesen kann. Auch wenn bald täglich religiös versichert wird, dass meine Daten nur für interne, unbedingte Verarbeitungsprozesse und hoch und heilig gehütet und beschützt …. Na klar doch!
Im gleichen, aber auch bei anderen Konzernen, werde ich an jeder Kasse nach einer Kundenkarte fraglich genervt, wo ich mich vielleicht mehrmals an einem Tag mit einem “NEIN!” Rechenschaft ablegen muss. Dies nun seit mindesten gefühlten 20 Jahren, wo selbsterklärend das Umkehrprinzip installiert wurde. Wenn ich dann an der Kasse beteuere, dass ich keine Sklavenkarte benötigen würde, sind die Reaktionen dann von belustigt bis persönlich beleidigt anzutreffen, da ich schliesslich für diese gesammelten «Treue-Punkte» ja etwas bekommen würde! Auf meine bescheidene Anfrage hin und wieder, wer das denn bezahlen würde, ist eine geahnte Eskalation dann bereits vorprogrammiert.
Das alles mag zwar für viele lästig, umständlich und schon gar nicht kundenfreundlich sein, aber immer noch relativ harmlos, wenn man den Blick nach China wirft, um sehr schnell herauszufinden, was uns bald auch ausserhalb dieser Kontrollzone blühen könnte, wenn wir so einen Pseudo-Abenteuer-Trip nicht mit einem entschiedenen “NEIN!” von uns abwenden wollen …
Bei unserer Mentalität, anders als im besagten asiatischen Feld, kann hier nur eine schleichende, schmackhaft und belohnend zubereitete Strategie aufgefahren werden (wie z.B. die legendäre Bratwurst für eine Corona-Belästigung mit Nachhilfeunterricht).
Übrigens, genau so, wie uns das Jean Claude Junker, seines Zeichens ehemaliger EU-Kommisssionspräsident («letzter Überlebender von Maastrich»), vor ein paar Jahren offenbarte:
«Wir beschliessen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt» (zitiert im Spiegel, Dezember 1999)
(Juncker: «Ja, das habe ich gesagt. Aber ich habe das kritisch gemeint. Ich wollte beschreiben, dass es lange Zeit so war, dass die Regierenden allein den Anspruch stellten, für die europäischen Dinge zuständig zu sein. Und das hat zu vielerlei Verwerfungen und Verirrungen geführt, weil wir uns nie im Gespräch mit den europäischen Bürgern, mit der europäischen Zivilgesellschaft, mit den europäischen Parteien oder mit den europäischen Gewerkschaften befanden. Das war keine Wunschvorstellung, sondern im Gegenteil eine kritische Beschreibung eines unzufriedenstellenden Zustandes, den man beenden müsse.» (Über-lebenswichtige Mahnung oder selbstbeschützende Rechtfertigung?) –
Es kann nicht verwundern, wenn man auch nur einen Teil seiner Herzklappe noch fühlen kann, das «Freund Alkohol» dann ständig ans Fenster klopft (in Junkers letzten Amtsjahren) oder der Drogenkonsum in den Abwässern der Flüsse in den Städten in einem atemberaubendem Ausmasse eruiert werden musste. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen.
foto: crying
Der kleine «Zufall», hat mir dann vorhin doch noch den Tag gerettet, als ich lesen durfte, dass die Schweizerischen Bundesbahnen (teurer geht es kaum noch), welche ja möglichst schon vorgestern das Bargeld abschaffen wollen (keine Billettautomaten mehr), in einer Pressemitteilung jammern durften: «Schweizer ÖV: Erleichtern Apps das Schwarzfahren? So viel Geld entging dem ÖV 2022. Immer häufiger sind Menschen in der Schweiz ohne gültiges Billett im öffentlichen Verkehr unterwegs. Ein Grund ist die zunehmende Digitalisierung beim Ticketkauf.» (Letztes Jahr waren es rund 60 Millionen Franken.)
Das waren ja jetzt nur ein paar ganz wenige Beispiele, die jeder (Jederin? Ups!) mit einem aufmerksamen Geist selber erleben kann.
Man mag mir nun eine überempfindliche, evolutionsfeindliche Technikaversion unterstellen, was sogar noch ein kleines bisschen verständlich wäre, so ganz nach dem Motto, dass Technik eben auch sehr vieles im leben erleichtern kann. Unwidersprochen! Letztlich ist aber IMMER die ABSICHT einer Innovation entscheidend, welche in diesen Tagen die Frage zwingend beinhaltet: FÜR oder GEGEN das Leben?
Die jüngste Lektion in dieser Klasse hatte bereits Ihren traurigen Bühnenauftritt: CORONA! – jhr.
foto: jonas-svidras