Rudolf Steiner: “In unserer Zeit gibt es bekanntlich eine Furcht …
… die sich ganz sinngemäss vergleichen lässt mit der mittelalterlichen Furcht vor Gespenstern. ( ab Seite 46 )
Das ist die heutige Furcht vor den Bazillen. Die beiden Furchtzustände sind sachlich ganz dasselbe. Sie sind auch insofern ganz dasselbe, als ein jedes der beiden Zeitalter, das Mittelalter und die Neuzeit sich so verhalten, wie es sich für sie schickt. Das Mittelalter hat einen gewissen Glauben an die geistige Welt; es fürchtet sich selbstverständlich dann vor geistigen Wesenheiten. Die neuere Zeit hat diesen Glauben an die geistige Welt verloren, sie glaubt an das Materielle, sie fürchtet sich also vor materiellen Wesenheiten, wenn diese auch noch so klein sind.Ein Unterschied könnte, nicht wahr, sachlich höchstens darin gefunden werden, dass die Gespenster doch wenigstens gewissermassen anständige Wesen sind gegenüber den kleinwinzigen Bazillen, die keineswegs eigentlich, ich möchte sagen, wirklich Staat machen können mit ihrem Wesen, so dass man sich wirklich so ernsthaftig fürchten könnte vor ihnen wie vor einem anständigen Gespenst. Nun soll ja damit selbstverständlich nicht gesagt werden, dass die Bazillen durch-aus gepflegt werden sollen, und dass es etwas Gutes ist, recht viel so-zusagen mit Bazillen zusammenzuleben. Das soll durchaus nicht gesagt werden. Aber es widerspricht auch nicht dem, was gesagt wurde,denn schliesslich Bazillen sind gewiss da, aber Gespenster waren auch da. Für diejenigen, die an die geistige Welt wirklich glauben konnten,ist nicht einmal in Bezug auf Realität ein Unterschied in dieser Beziehung.
Nun handelt es sich darum, und das ist das Wesentliche, was heute hervorgehoben werden soll, dass Bazillen nur dann gefährlich werden können, wenn sie gepflegt werden. Pflegen soll man die Bazillen nicht. Gewiss, da werden uns auch die Materialisten recht geben, wenn wir die Forderung aufstellen, Bazillen soll man nicht pflegen. Aber wenn wir weiter gehen und vom Standpunkt einer richtigen Geisteswissenschaft davon sprechen, wodurch sie am meisten gepflegt werden, dann werden sie nicht mehr mitgehen, die Materialisten. Bazillen werden am intensivsten gepflegt, wenn der Mensch in den Schlafzustand hinein-nimmt nichts anderes als materialistische Gesinnung. Es gibt kein besseres Mittel für diese Pflege, als mit nur materialistischen Vorstellungen in den Schlaf hineinzugehen und von da, von der geistigen Welt,von seinem Ich und Astralleib aus zurückzuwirken auf die Organe des physischen Leibes, die nicht Blut und Nervensystem sind. Es gibt kein besseres Mittel, Bazillen zu hegen, als mit nur materialistischer Gesinnung zu schlafen. Das heisst, es gibt noch wenigstens ein Mittel, das ebensogut ist wie dieses. Das ist, in einem Herd von epidemischen oder endemischen Krankheiten zu leben und nichts anderes aufzunehmen als die Krankheitsbilder um sich herum, indem man einzig und allein angefüllt ist mit der Empfindung der Furcht vor dieser Krankheit. Das ist allerdings ebenso gut. Wenn man nichts anderes vorbringen kann vor sich selber als Furcht vor den Krankheiten, die sich rundherum ab-spielen in einem epidemischen Krankheitsherd und mit dem Gedankender Furcht hineinschläft in die Nacht, so erzeugen sich in der Seele die unbewussten Nachbilder, Imaginationen, die durchsetzt sind von Furcht. Und das ist ein gutes Mittel, um Bazillen zu hegen und zu pflegen. Kann man nur ein wenig mildern diese Furcht durch werktätige Liebe zum Beispiel, wo man unter den Verrichtungen der Pflege für die Kranken etwas vergessen kann, dass man auch angesteckt werden könnte, so mildert man auch durchaus die Pflegekräfte für die Bazillen.